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Kanonische Formulierung

Wir werden uns in dieser Arbeit auf stationäre magnetische Felder im Vakuum beschränken. Außerdem setzen wir -- wegen der leichteren experimentellen Realisierbarkeit und wegen der erheblichen Erleichterung der notwendigen Rechnungen -- Axialsymmetrie des ${\mbox{\protect\boldmath$B$}}$-Feldes voraus.

Die Bewegung eines Teilchens (mit der Masse $m$ und der Ladung $q$) in einem reinen Magnetfeld kann durch die Hamilton-Funktion2.1

\begin{displaymath}
H({\mbox{\protect\boldmath$r$}},{\mbox{\protect\boldmath$p$...
...protect\boldmath$A$}}({\mbox{\protect\boldmath$r$}})\right\}^2
\end{displaymath} (2.1)

beschrieben werden [Go80]. Dabei ist ${\mbox{\protect\boldmath$A$}}({\mbox{\protect\boldmath$r$}})$ das Vektorpotential der magnetischen Induktion:
\begin{displaymath}
\quad {\mbox{\protect\boldmath$B$}}({\mbox{\protect\boldmat...
...x{\protect\boldmath$A$}}({\mbox{\protect\boldmath$r$}}) \quad.
\end{displaymath} (2.2)

Wegen der Stromfreiheit und Stationarität gilt

\begin{displaymath}
\quad {\mbox{\protect\boldmath$\nabla$}}\times{\mbox{\protect\boldmath$B$}}({\mbox{\protect\boldmath$r$}}) = 0 \quad;
\end{displaymath}

damit ist ${\mbox{\protect\boldmath$B$}}$ als das Gradientenfeld eines skalaren magnetischen Potentials $\Phi$ darstellbar:
\begin{displaymath}
\quad {\mbox{\protect\boldmath$B$}}({\mbox{\protect\boldmat...
...t\boldmath$\nabla$}}\Phi({\mbox{\protect\boldmath$r$}}) \quad.
\end{displaymath} (2.3)

Mit der homogenen Maxwell-Gleichung

\begin{displaymath}
{\mbox{\protect\boldmath$\nabla$}}\!\cdot\!{\mbox{\protect\boldmath$B$}}({\mbox{\protect\boldmath$r$}}) = 0
\end{displaymath}

folgt dann, daß dieses Potential $\Phi$ die Laplace-Gleichung erfüllt,

\begin{displaymath}
\quad \Delta\Phi({\mbox{\protect\boldmath$r$}}) = 0 \quad,
\end{displaymath}

so daß eine Entwicklung von $\Phi$ nach Eigenfunktionen des Laplace-Operators, den Kugelflächenfunktionen, naheliegt [No90b]. Für diese Multipolentwicklung ist es zweckmäßig, Kugelkoordinaten $(r,\vartheta,\varphi)$ zu verwenden:
\begin{displaymath}
\Phi({\mbox{\protect\boldmath$r$}}) = \sum_{k=\pm} \; \sum_{...
...sum_{m=-l}^{l}
\; a_{lm}^k R_l^k(r) Y_{lm}(\vartheta,\varphi)
\end{displaymath} (2.4)

mit reellen Koeffizienten $a_{lm}^k$. Bei den $R_l^k(r)$ handelt es sich um einen vollständigen Satz von Lösungen der Radialgleichung

\begin{displaymath}
\quad \left( \frac{d^2}{dr^2}-\frac{l(l+1)}{r^2} \right) (rR(r)) = 0
\quad,
\end{displaymath}

zum Beispiel
\begin{displaymath}
\quad
R_l^k(r) := \left\{ \begin{array}{l} r^l \\ [0.2cm] ...
...begin{array}{l} k=+ \\ [0.2cm]
k=- \end{array} \right. \quad,
\end{displaymath} (2.5)

mit $l\geq0$. Die $Y_{lm}(\vartheta,\varphi)$ sind die Kugelflächenfunktionen,
\begin{displaymath}
\quad
Y_{lm}(\vartheta,\varphi) \sim P_l^m(\cos\vartheta)e^{im\varphi} \quad,
\end{displaymath} (2.6)

in die die zugeordneten Legendre-Polynome $P_l^m(\zeta)$ eingehen. Weil wir uns auf axialsymmetrische Systeme beschränken wollen, müssen wir in der Multipolentwicklung nur $\varphi$-unabhängige Summanden berücksichtigen, $a_{lm}^k=0$ für $m\neq 0$, und benötigen nur noch die gewöhnlichen Legendre-Polynome $P_l(\zeta) = P_l^0(\zeta)$. Wir benutzen im folgenden, der Axialsymmetrie angepaßt, Zylinderkoordinaten $(\rho,\varphi,z)$ und definieren2.2
\begin{displaymath}
\quad
\Phi_l^k(\rho,z) := \left\{ \begin{array}{l@{\hspace...
...begin{array}{l} k=+ \\ [0.2cm] k=-
\end{array} \right. \quad.
\end{displaymath} (2.7)

In der Tat ist $\Phi_l^k$ eine Funktion von $\rho $ und $z$ (und nicht von $\varphi$), denn die Umrechnung von Kugel- auf Zylinderkoordinaten ergibt $r=\sqrt{\rho^2+z^2}$ und $\cos\vartheta=z/\sqrt{\rho^2+z^2}$. Weil $P_l(\zeta)$ ein Polynom vom Grad $l$ in $\zeta$ ist und weil darüber hinaus $P_l(\zeta)$ gerade/ungerade ist, wenn $l$ gerade/ungerade ist2.3, ist $\Phi_l^+(\rho,z)$ sogar ein Polynom in $\rho $ und $z$, und zwar ist es homogen vom (Total-) Grad $l$. $\Phi_l^-(\rho,z)$ ist komplizierter; es handelt sich um den Quotienten der von $\rho $ und $z$ abhängenden echt gebrochenrationalen Funktion (vgl. [BrSe85, S. 171]) $\; r^lP_l(\cos\vartheta) / r^{2l}$ und $\sqrt{\rho^2+z^2}$. $\Phi_l^+$ ist im Koordinatenursprung regulär, wohingegen $\Phi_l^-$ dort divergiert.

Damit läßt sich das skalare Potential als

\begin{displaymath}
\Phi({\mbox{\protect\boldmath$r$}}) = \sum_{k=\pm} \; \sum_{l=0}^{\infty} \;
a_l^k \Phi_l^k(\rho,z)
\end{displaymath} (2.8)

schreiben, wobei wir einfachheitshalber $a_l^k=a_{l0}^k$ gesetzt haben. Für die Hamilton-Funktion benötigen wir aber nicht das skalare, sondern das entsprechende Vektorpotential ${\mbox{\protect\boldmath$A$}}$. Mit den Gln. (2.2) und (2.3) gilt:
\begin{displaymath}
\quad {\mbox{\protect\boldmath$B$}} = {\mbox{\protect\boldm...
...oldmath$A$}} = -{\mbox{\protect\boldmath$\nabla$}}\Phi
\quad.
\end{displaymath} (2.9)

Die Axialsymmetrie und die Lorentz-Eichung ${\mbox{\protect\boldmath$\nabla$}}\!\cdot\!{\mbox{\protect\boldmath$A$}}=0$ berücksichtigend, setzen wir für ${\mbox{\protect\boldmath$A$}}$ an:
\begin{displaymath}
\quad {\mbox{\protect\boldmath$A$}}({\mbox{\protect\boldmath$r$}}) = A(\rho,z){\mbox{\protect\boldmath$e$}}_\varphi \quad.
\end{displaymath} (2.10)

Wir entwickeln ${\mbox{\protect\boldmath$A$}}$ analog zu $\Phi$,
\begin{displaymath}
{\mbox{\protect\boldmath$A$}}({\mbox{\protect\boldmath$r$}})...
...} \;
b_l^kA_l^k(\rho,z) {\mbox{\protect\boldmath$e$}}_\varphi
\end{displaymath} (2.11)

(wiederum mit Koeffizienten $b_l^k$ aus ${\bf R}$), so daß Gl. (2.9) schon für jeden Summanden der Entwicklung erfüllt ist:
\begin{displaymath}
{\mbox{\protect\boldmath$\nabla$}}\times\left(b_l^kA_l^k(\r...
...ct\boldmath$\nabla$}}\left(a_l^k\Phi_l^k(\rho,z)\right) \quad.
\end{displaymath} (2.12)

Wie wir in Anhang B zeigen, wird diese Differentialgleichung nach geeigneter Wahl der Koeffizienten $b_l^k$ gelöst durch
\begin{displaymath}
\qquad
A_l^k(\rho,z) := \left\{
\begin{array}{l@{}l@{\hspa...
...ight. \quad. \hspace*{-4.1cm}\mbox{f\uml {u}r} \hspace*{3.8cm}
\end{displaymath} (2.13)

Wir geben in Tabelle 2.1 die ersten Terme dieser Multipolentwicklung für ${\mbox{\protect\boldmath$A$}}({\mbox{\protect\boldmath$r$}})$ an. In Tabelle 2.2 führen wir die entsprechenden Magnetfelder
\begin{displaymath}
{\mbox{\protect\boldmath$B$}}_l^k(\rho,z)={\mbox{\protect\b...
...ft(A_l^k(\rho,z)
{\mbox{\protect\boldmath$e$}}_\varphi\right)
\end{displaymath} (2.14)

auf.

Tabelle: ${\mbox{\protect\boldmath$A$}}$-Multipole für $0\leq l\leq 3$. Der Faktor ${\mbox{\protect\boldmath$e$}}_\varphi$ (vgl. Gl. (2.11)) ist hier der Einfachheit halber weggelassen.
$A_l^k(\rho,z)$ $k=+$ $k=-$
$l=0$ $0$ ${\displaystyle \frac{z}{\rho
\left(\rho^2+z^2\right)^{1/2}} }$
$l=1$ $\rho $ ${\displaystyle \frac{\rho}
{\left(\rho^2+z^2\right)^{3/2}} }$
$l=2$ $3\rho z$ ${\displaystyle \frac{3\rho z}
{\left(\rho^2+z^2\right)^{5/2}} }$
$l=3$ ${\displaystyle 6\rho z^2-\frac{3}{2}\rho^3 }$ ${\displaystyle \frac{3\rho\left(4z^2-\rho^2\right)}
{2\left(\rho^2+z^2\right)^{7/2}} }$



Tabelle: ${\mbox{\protect\boldmath$B$}}$-Multipole für $0\leq l\leq 3$. Die zu $l=0,1,2,3,\dots$ gehörenden Terme der Multipolentwicklung werden als Monopol-, Dipol-, Quadrupol-, Oktupol-, ...Term bezeichnet.
${\mbox{\protect\boldmath$B$}}_l^k(\rho,z)$ $k=+$ $k=-$
$l=0$ ${\bf0}$ ${\displaystyle -\frac{\rho{\mbox{\protect\boldmath$e$}}_\rho+z{\mbox{\protect\boldmath$e$}}_z}
{\left( \rho^2+z^2 \right)^{3/2}} }$
$l=1$ $ 2{\mbox{\protect\boldmath$e$}}_z $ ${\displaystyle \frac{ 3\rho z{\mbox{\protect\boldmath$e$}}_\rho+
\left(2z^2-\rho^2\right){\mbox{\protect\boldmath$e$}}_z }
{\left(\rho^2+z^2\right)^{5/2}} }$
$l=2$ $ 3\left(-\rho{\mbox{\protect\boldmath$e$}}_\rho+2z{\mbox{\protect\boldmath$e$}}_z\right) $ ${\displaystyle \frac{ 3\left(4\rho z^2-\rho^3\right)
{\mbox{\protect\boldmath$...
...
\right){\mbox{\protect\boldmath$e$}}_z }
{ \left(\rho^2+z^2\right)^{7/2} } }$
$l=3$ ${\displaystyle 6\left[ -2\rho z{\mbox{\protect\boldmath$e$}}_\rho+ \left(
2z^2-\rho^2 \right) {\mbox{\protect\boldmath$e$}}_z \right] }$ ${\displaystyle \frac{ 3\left( -15\rho^3 z+20\rho z^3
\right){\mbox{\protect\boldmath$e$}}_\rho }
{\left( \rho^2+z^2 \right)^{9/2}}
}$

${\displaystyle
+ \frac{ 3\left( 3\rho^4-24\rho^2z^2 +8z^4
\right){\mbox{\protect\boldmath$e$}}_z }
{\left( \rho^2+z^2 \right)^{9/2}}
}$




Das gesamte ${\mbox{\protect\boldmath$B$}}$-Feld kann dann gemäß
\begin{displaymath}
{\mbox{\protect\boldmath$B$}}(\rho,z) = \sum\limits_{k=\pm} ...
...{l=0}^{\infty}
b_l^k{\mbox{\protect\boldmath$B$}}_l^k(\rho,z)
\end{displaymath} (2.15)

entwickelt werden.

Man kann an Gl. (2.13) eine wesentliche Eigenschaft des Vektorpotentials im axialsymmetrischen Fall ablesen: Offensichtlich hängt die Winkelverteilung (die ,,Charakteristik``) des Potentials $A_l^k{\mbox{\protect\boldmath$e$}}_\varphi$, und damit auch des entsprechenden ${\mbox{\protect\boldmath$B$}}$-Feldes, nur von $l$ und nicht von $k$ ab. $l$ bestimmt die ,,Geometrie`` des Feldes, ob es also zum Beispiel vom Dipol-, Quadrupol- oder von einem anderen Typ ist. Für jedes $l$ gibt es zwei Potentiale (gekennzeichnet durch $k=+$ bzw. $k=-$), die zwar die gleiche Winkelverteilung aufweisen, sich aber in ihrer $r$-Abhängigkeit unterscheiden.

Man beachte hierbei, daß sich die algebraischen Eigenschaften von $\Phi_l^k$ übertragen: $A_l^+$ ist ein homogenes Polynom vom (Total-) Grad $l$ in den Variablen $\rho $ und $z$; $A_l^-$ ist der Quotient zweier homogener ($\rho $,$z$)-Polynome vom Grad $l$ und $2l$, dividiert durch $\sqrt{\rho^2+z^2}$. Insbesondere divergiert auch $A_l^-$ im Koordinatenursprung, während $A_l^+$ dort regulär ist.

Mit der so gefundenen Multipolentwicklung für das magnetische Vektorpotential können wir jetzt die Hamilton-Funktion für eine axialsymmetrische magnetische Flasche aus Gl. (2.1) umschreiben in

$\displaystyle \quad
{ H(\rho,\varphi,z,p_\rho,p_\varphi,p_z) = }$
  $\textstyle =$ $\displaystyle \frac{1}{2m} \left\{ \left( p_\rho{\mbox{\protect\boldmath$e$}}_\...
...ath$e$}}_z \right)
- qA(\rho,z){\mbox{\protect\boldmath$e$}}_\varphi
\right\}^2$  
  $\textstyle =$ $\displaystyle \frac{1}{2m}
\left\{ p_\rho^2
+ \left(\frac{p_\varphi}{\rho} - q\...
...{k=\pm}
\sum_{l=0}^{\infty} b_l^kA_l^k(\rho,z) \right)^2
+p_z^2
\right\} \quad.$ (2.16)

Als eine direkte Folge der Zylindersymmetrie ist $\varphi$ zyklisch in $\H$; deswegen ist $p_\varphi$ ein Integral der Bewegung:

\begin{displaymath}
\quad
\dot{p}_\varphi = - \frac{\partial H}{\partial\varphi} \equiv 0 \quad.
\end{displaymath} (2.17)

Man kann deshalb eine magnetische Flasche als ein parameterabhängiges (nämlich $p_\varphi$-abhängiges) dynamisches System mit zwei Freiheitsgraden der Bewegung ansehen:
\begin{displaymath}
\quad H = H(\rho,z,p_\rho,p_z;p_\varphi) \quad.
\end{displaymath} (2.18)

Nachdem man eine Lösung für dieses von sechs auf vier Phasenraumdimensionen reduzierte System gefunden hat -- wegen der Reduktion der Dimensionalität findet man eine Lösung in der Regel erheblich einfacher -- läßt sich $\varphi(t)$ vergleichsweise problemlos durch Integration berechnen: Die Hamiltonsche Gleichung für $\varphi$ lautet
\begin{displaymath}
\quad
\dot{\varphi} = \frac{\partial H}{\partial p_\varphi...
...i}{\rho^2}
-\frac{q}{\rho}\sum_{k,l}b_l^kA_l^k \right) \quad,
\end{displaymath} (2.19)

so daß man mit den nun bekannten $\rho(t)$ und $z(t)$ erhält:
\begin{displaymath}
\quad \varphi(t) = \varphi(t_0)+\frac{1}{m}\int_{t_0}^t
\l...
...,l}b_l^kA_l^k\left(\rho(t'),z(t')\right)
\right)\, dt' \quad.
\end{displaymath} (2.20)

Man beachte, daß der generalisierte Impuls $p_\varphi$ hier nicht die $z$-Kompo- nente $L_z=m\rho^2\dot{\varphi}$ des Drehimpulses ist. Vielmehr gilt:

\begin{displaymath}
\quad p_\varphi = m\rho^2\dot{\varphi}+q\rho A(\rho,z) \quad.
\end{displaymath} (2.21)

Aus diesem Grunde ist nicht etwa die axiale Drehimpulskomponente eine Erhaltungsgröße, sondern dieser relativ unanschauliche, zusätzlich vom Vektorpotential abhängende Ausdruck. Wenn man sich auf die im Ursprung divergenten Magnetfelder mit $k=-$ und $l\geq1$ beschränkt, für die
\begin{displaymath}
\left\vert \rho A_l^-(\rho,z) \right\vert
= \frac{ \left\v...
...ngrightarrow\\ [-0.3cm] \scriptstyle r\to\infty
\end{array} 0
\end{displaymath} (2.22)

gilt, ist die Drehimpulskomponente $L_z$ im Grenzwert großer Abstände vom Ursprung näherungsweise eine Konstante der Bewegung:
\begin{displaymath}
\quad
\lim_{r\to\infty} L_z = \lim_{r\to\infty}\left( p_\v...
...i-q\rho
A(\rho,z) \right)
= p_\varphi = \mbox{konst.} \quad.
\end{displaymath} (2.23)

Dies ist recht anschaulich, weil das ${\mbox{\protect\boldmath$B$}}$-Feld im Unendlichen verschwindet und das Teilchen somit kräftefrei wird. Analog hierzu ist $L_z$ im Fall $k=+$ für kleine $r$ näherungsweise konstant, weil $\rho A_l^+(\rho,z) = {\cal O}(r^{l+1})$.

Für unsere Überlegungen in Bezug auf die Normalformentheorie ist die folgende Beobachtung wesentlich: Die Gustavsonsche und auch die DFS-Normalformentheorie können zunächst nur auf solche magnetische Flaschen angewandt werden, für die erstens $p_\varphi=0$ gilt, und bei denen zweitens keine im Ursprung divergierenden Anteile des Vektorpotentials beitragen. (Das heißt, es muß gelten: $b_l^-=0 \;\;
\forall \;\; l\geq 0$). Nur wenn diese beiden Bedingungen erfüllt sind, liegt die Hamilton-Funktion (2.16) als Potenzreihe in $\rho $, $z$, $p_\rho$ und $p_z$ vor, und nur in diesem Fall können wir $\H$ auf Gustavsonsche oder Dragt-Finn-Stegemertensche Normalform transformieren.

Wir werden allerdings in Abschnitt 2.4 sehen, wie man sich selbst in den schwierigeren Fällen behelfen kann, in denen die Normalformentheorie nicht direkt anwendbar ist, weil mindestens eine der beiden genannten Bedingungen nicht erfüllt ist. Das dortige Ergebnis vorwegnehmend, stellen wir aber schon an dieser Stelle fest, daß ein solches Hindernis in der Regel nur mit einigem Aufwand zu umgehen ist. Der Lösungsansatz in diesen Fällen wird sein, daß man die Hamilton-Funktion in eine Potenzreihe entwickelt und die Entwicklung nach endlich vielen Gliedern abbricht. Damit diese Näherung der Hamilton-Funktion sinnvoll ist, muß man gegebenenfalls vorher auf geeignete kanonische Variablen transformieren, deren Beträge im Verlauf der zu untersuchenden Orbits nicht zu groß werden.



Fußnoten

... Hamilton-Funktion2.1
Wie in [Dr65,Se90] gezeigt wird, beschreibt diese Hamilton-Funktion die Teilchendynamik nicht nur im Rahmen der klassischen Mechanik, sondern auch im relativistischen Fall, wenn man $m$ als die relativistische Masse $\frac{m_0}{\sqrt{1-v^2/c^2}}$ interpretiert.
... definieren2.2
Obwohl wir prinzipiell Zylinderkoordinaten verwenden wollen, werden wir gegebenenfalls zur Vereinfachung der Schreibweise Funktionen in Abhängigkeit von $r$ und $\vartheta$ anstelle von $\rho $ und $z$ angeben. Diese beiden Darstellungsweisen sind natürlich äquivalent.
... ist2.3
Dies folgt zum Beispiel aus der Formel von Rodriguez, vgl. [AbSt72].

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Martin_Engel 2000-05-25